Gendermedizin: Aufruf zur Ungleichbehandlung von Frauen

Die medizinische Forschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, aber es besteht weiterhin ein erheblicher Nachholbedarf, insbesondere in Bezug auf die Gesundheit von Frauen. Von der vorherrschenden Verwendung mรคnnlicher Versuchstiere in der Pharmakologie bis hin zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in Symptomen und Medikamentenstudien gibt es viele Aspekte, die diskutiert werden mรผssen.

Bei der Veranstaltung bzw. der Podcast Aufzeichnung โ€žFrauengesundheit im Mittelpunktโ€œ, einer Kooperation von Offisy und den Frauen der Oร–VP, wurde die kritische Rolle der Gendermedizin hervorgehoben. Die Expertin Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Anna Maria Dieplinger verdeutlichte insbesondere die Problematik der medizinischen Standardisierung, die oft von einem 75-Kilo schweren Mann ausgeht. Diese Generalisierung kann bei der Anwendung spezifischer Medikamente auf Frauen zu Fehlanpassungen fรผhren, da geschlechtsspezifische Faktoren wie Hormonschwankungen oder eine mรถgliche Schwangerschaft in der Forschung und Pharmaindustrie aus Kostengrรผnden hรคufig unberรผcksichtigt bleiben. Die Situation wird dadurch komplexer und kostspieliger. Darรผber hinaus wurde die Bedeutung der Dosierung angesprochen, da viele Frauen, die nicht dem Standardgewicht entsprechen, eine angepasste Dosierung benรถtigen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer individuelleren Betrachtungsweise in der Medizin, um den spezifischen Gesundheitsbedรผrfnissen von Frauen gerecht zu werden.

Die Art und Weise, wie Frauen und Mรคnner Symptome wahrnehmen und Krankheiten erfahren, unterscheidet sich. Ebenso variieren die Verhaltensweisen bei der Vorsorge und Nachsorge medizinischer Behandlungen zwischen den Geschlechtern. Frauen neigen dazu, Prรคventionsangebote intensiver zu nutzen, wรคhrend Mรคnner weniger hรคufig von Nachsorge- und RehabilitationsmaรŸnahmen Gebrauch machen.

Zudem bestehen signifikante Unterschiede im Verlauf von Erkrankungen. So ist das Sterberisiko fรผr Frauen nach einer Bypass-Operation 2,5 bis 3 mal hรถher als fรผr Mรคnner. Nach dem 75. Lebensjahr verneunfacht sich das Risiko eines tรถdlichen Herzinfarkts bei Frauen, wรคhrend es sich bei Mรคnnern lediglich verfรผnffacht. Die Erkenntnis dieser geschlechtsspezifischen Differenzen ist daher essentiell, um die medizinische Versorgung von Frauen zu verbessern und auf ihre Bedรผrfnisse abzustimmen.

Die gefรผhrten Diskussionen wรคhrend der Veranstaltung unterstrichen die Dringlichkeit, medizinische Forschung und Versorgung durch einen ganzheitlichen Ansatz zu verbessern, welcher die Einzigartigkeit jedes Patienten und jeder Patientin berรผcksichtigt. Es geht dabei nicht allein um die Beachtung geschlechtsspezifischer Differenzen, sondern auch um die Einbeziehung verschiedener sozialer Kontextfaktoren.

Gendermedizin markiert einen Fortschritt hin zu einer maรŸgeschneiderten Behandlung in allen medizinischen Feldern. Sie hinterfragt das konventionelle medizinische Modell, das auf dem durchschnittlichen Mann basiert, und hebt die Wichtigkeit hervor, die Vielfalt der Gesundheitsfaktoren zu berรผcksichtigen.

Ein weiteres zentrales Thema war die Beteiligung von Frauen an klinischen Forschungsstudien. In der Vergangenheit wurden Frauen in der medizinischen Forschung hรคufig รผbersehen oder gar nicht erst berรผcksichtigt, was zu einem erheblichen Informationsdefizit bezรผglich der Effektivitรคt und Sicherheit von Medikamenten und Therapien fรผr Frauen fรผhrte. Es ist daher von groรŸer Bedeutung, Frauen in klinischen Studien gezielt einzubeziehen, damit die Forschungsergebnisse ein getreues Abbild der gesamten Bevรถlkerung darstellen.

Statement Stefanie Schauer (Geschรคftsfรผhrerin Offisy, Podcast โ€žDER/DIE nรคchste Bitteโ€œ): Ich bin begeistert, dass wir durch diese Veranstaltung und die dazugehรถrige Podcast-Episode erneut die Bedeutung hervorheben konnten, Frauen in der Medizin individuell zu behandeln. Mit der Unterstรผtzung der Gendermedizin-Expertin Anna Maria Dieplinger ist es uns gelungen, wesentliche Aspekte prรคzise zu beleuchten und sowohl unsere Gรคste als auch die Hรถrerschaft umfassend รผber dieses wichtige Thema aufzuklรคren.

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